Statistics for the Public
To bridge the gap between statistians and society, we are looking forward to the public lecture (in german) on the 28 March 2022 (7:30 pm, HS N55, live streaming via Zoom).
Statistik für Klimaschutz und Gesundheit - (mehr) Fortschritt wagen!
Die Corona Krise hat uns vieles gelehrt, nicht zuletzt die Bedeutung von Daten, Statistiken und Indikatoren für politische Entscheidungen und den öffentlichen Diskurs. Solide Fakten können wesentlich zur Versachlichung und Verbesserung beitragen; unsolide oder schlecht kommunizierte bewirken das Gegenteil, nämlich Fehlentscheidungen, Misstrauen, parallele Wahrnehmungswelten. Man erwartet dementsprechend, im Koalitionsvertrag der Bundesregierung, deren Leitmotiv ist „Deutschland braucht einen umfassenden digitalen Aufbruch“, entsprechende Passagen und Aussagen zur Statistik zu finden. Immerhin liefert die Statistik in Deutschland für zahlreiche Politikfelder eine verlässliche Wissens- und Entscheidungsbasis und sollte dies auch für die anstehenden Transformationsprozesse hin zur nachhaltigen Entwicklung weiter leisten. Um so irritierender ist der in einem jüngst erschienenen Artikel renommierter deutscher Statistiker getroffene Befund, „dass Deutschland auch nach einem Jahr Pandemie über kein etabliertes statistisches Instrumentarium zur aktuellen Messung der Corona-Infektionen unter Berücksichtigung der Dunkelziffer verfügt.“ Leider sucht man vergeblich nach auch nur einer einzigen Erwähnung der Statistik im Koalitionsvertrag, obwohl dieser an zahlreichen und prominenten Stellen politische Aussagen hinsichtlich Daten, Digitalisierung, Register, Monitoring, Forschung etc. trifft.
„Meinungsfreiheit ist eine Farce, wenn die Information über die Tatsachen nicht garantiert ist.“ stellte Hannah Arendt bereits Mitte d er 1960er Jahre fest.¹ „Die Tatsacheninformation ... inspiriert das Denken und hält die Spekulation in Schranken.“ Dies führt uns erneut vor Augen, dass Statistik eine Wissenschaft und Technologie ist, die darüber hinaus aber die Rolle einer Sprache hat. Gute und gut kommunizierte Statistik kann helfen Entscheidungen zu verbessern und Meinungsbildung zu ermöglichen. Statistiken sind von Natur her auf spezielle Art und Weise politisch; sie sind der Gegenstand von Meinung, ohne jedoch selbst durch Meinungen und Interessen beeinflusst zu werden. Wie kann Statistik dieser schwierigen Aufgabe gerecht werden? Wie können Fakten politisch relevant, nicht aber politisch getrieben sein? Die Antwort auf diese Fragen ist mehrschichtig: Sie umfasst einerseits gute mathematisch-statistische Methodik sowie verlässliche Datenquellen und solide Verarbeitungsprozesse. Auf der anderen Seite muss jedoch auch der Wechselbeziehung zwischen Statistik und Politik Rechnung getragen werden, indem z.B. Rahmenbedingungen geschaffen werden, welche die Unabhängigkeit der Statistik sicherstellen, indem in Statistikbildung investiert wird, usw. Statistik ist eine Infrastruktur, die Geld kostet. Wird an dieser (falschen) Stelle gespart, erzeugt man ein gravierendes Problem, wenn auch vielleicht nicht unmittelbar, dafür aber umso mehr auf längere Sicht.
¹ Arendt, Hannah. 1964. 'Wahrheit und Politik.' in Johann Schlemmer (ed.), Die politische Verantwortung der Nichtpolitiker (Piper: München)